Leadership in Zeiten Künstlicher Intelligenz und Digitalisierung

TV-Philosoph Prof. Dr. Richard David Precht, Dr. Jürgen Meffert von McKinsey und Prof. Dr. Omid Aschari von der Universität St. Gallen sowie Professoren der DHBW-Lörrach zeigten im Schloss Reinach neueste Trends der Unternehmens- und Mitarbeiterführung auf. Gekommen waren 100 Ge-schäftsführer südbadischer Unternehmen und 20 Professoren der DHBW-Lörrach zum exklusiven Erfahrungsaustausch.

Eingeladen zu dieser zweiten Leadership Trends Konferenz hatte die DHBW Lörrach mit Rektor Prof. Dr. Theodor Sproll und Initiator Prof. Dr. Reiner Hillemanns. Ziel der Konferenz ist es, nicht nur Management-Trends in Vorträgen aufzuzeigen, sondern gleichzeitig die Geschäftsführer in praxisorientierten Workshops zu trainieren. Prof. Hillemanns konnte für die 2. DHBW-Leadership Trends Konferenz prominente Forscher und Referenten aus den unterschiedlichsten Disziplinen gewinnen.

Digitale Transformation – Ein Tsunami auf den keiner adäquat reagiert

Prof. Dr. Omid Aschari, Professor für Strategisches Management der Universität St.Gallen, verglich die Digitale Transformation in seinem Eröffnungsvortrag mit einem Tsunami, der zwar von allen gesehen wird, auf den aber kaum entsprechend radikal reagiert wird. Er arbeitete heraus, welche einschlägige Rolle Führung auf das Gelingen von Transformationsprozessen habe und vertiefte die dafür notwendige Führungskompetenz später in einem „Crashkurs: New Leadership für Geschäftsführer“. 

Weg von Konkurrenzdenken - hin zu strategischen Partnerschaften und branchenübergreifenden Ökosystemen

Dr. Jürgen Meffert, Senior Partner von McKinsey & Company, Mittelstandsexperte und Global Leader McKinsey Digital, attestierte an vielen Branchenbeispielen, dass die Digitalisierung erst am Anfang stehe und unsere Welt schnell und unwiderruflich verändern werde. Produkte und Dienstleistungen, die gestern noch Zukunftsmusik waren, würden heute und morgen unseren Alltag verändern – von autonomen Fahrzeugen über digitale persönliche Assistenten bis zur intelligenten Gebäudesteuerung. Neue Geschäftsmodelle, branchenfremde Wettbewerber und technischer Fortschritt erhöhten das Veränderungstempo. Gerade für etablierte Unternehmen nähme der Wettbewerbsdruck signifikant zu. In seiner analytisch-scharfen aber gleichzeitig humorvollen Key-Note-Speech empfahl er den anwesenden Geschäftsführern, nicht mehr nur in den Kategorien „Unternehmen und Mitbewerber“ zu denken, sondern in vernetzten Ökosystemen: Branchenübergreifende, vertrauensvolle Zusammenarbeit aller an einer Produktlösung arbeitenden Unternehmen zu schlagkräftigen, zukunftsfähigen und visionären Gesamtsystemen.

Chancen durch Augmented Reality, Künstliche Intelligenz und innovative Geschäftsmodelle

Jan-Arne Gewert, Chemiker, Berater und Gastdozent der DHBW Lörrach, zeigte unternehmerische Chancen auf, die durch Augmented Reality realisierbar werden. Zudem präsentierte er eine kostengünstige Technik, wie über Künstliche Intelligenz die Stimmung im Raum gemessen werden kann. Prof. Dr. Marc Peter, Professor der FHNW Basel, präsentierte eine Methodik, wie Digitale Transformation ganzheitlich, pragmatisch und mit einem innovativen Geschäftsmodell angegangen werden kann.

Strategie und Kultur gehören zusammen: Sinngebung vor Engagement!

Dr. Patrick Stähler, Urvater des Business Model CANVAS und Kolumnist bei brand eins, zeigte an vielen Unternehmensbeispielen auf, wie wichtig es ist, dass die Mitarbeiter den Sinn von Veränderungsprozessen in Unternehmen nachvollziehen können, bevor sie sich engagieren: Strategien würden häufig zu technokratisch formuliert. „Strategie und Kultur gehören zusammen“, so Stähler. In das gleiche Horn - aber in einem ganz anderen Kontext - bläst der Mathematiker und Sinologe Douwe van den Oever: Westliche Regierungen werden sich erst dann am Seidenstraßenprojekt engagieren, wenn sie die Motive von Xi Jinping und von der Chinesischen Regierung strategisch nachvollziehen können. Douwe van den Oever erklärte in seinem brillanten Vortrag am Brettspiel Go die chinesische Geostrategie am Beispiel des Seidenstraßenprojekts: Eine strategisch von langer Hand geplante Ausweitung der regionalen Macht- und Wirtschaftssphäre Chinas, ohne den westlichen Konkurrenten, wie beim Schachspiel, direkt anzugreifen.

Neue Organisations- und Soft Skills: Neue Agilität, Positive Psychologie und Digital Leadership. In verschiedenen Workshops erarbeiteten die Konferenzteilnehmer neue Fähigkeiten zur Organisation und (Selbst-) Führung. Dr. Holger Sobanski, Geschäftsführer der TeamP, konnte in seinem Intensiv-Workshop lebhaft die Frage diskutieren, wie die Schwarz-Weiß-Denke zwischen klassischen Organisationen und agiler Arbeitsweise erfolgreich überwunden werden kann. Der Psychologe Clemens Fahrbach, verantwortlich für Leadership Development bei Egon Zehnder, vermittelte den Geschäftsführern Werkzeuge der stärkenorientierten Positiven Psychologie: Bewusstes Erleben positiver Emotionen, Sinngebung bei der Arbeit sowie intensive Pflege zwischenmenschlicher Beziehungen – und erntete dafür langen Applaus.

Prof. Dr. Michael Lindemann, Prof. Dr. Uwe Schirmer und Prof. Dr. Gruninger-Hermann von der DHBW Lörrach veranstalteten mit Silke Petersen und Michelle Rowbotham von Endress & Hauser ein höchst interaktives World Café zu den zukünftigen Digital Leadership Kompetenzen.

Prof. Dr. Richard David Precht mit „Wir dekorieren auf der Titanic die Liegestühle um“.

Der Bestsellerautor (u.a. „Wer bin ich und wenn ja wie viele?“) und einer der bekanntesten zeitgenössischen Philosophen Deutschlands, Prof. Dr. Richard David Precht, hielt einen höchst eloquenter Vortrag über die gesellschaftlichen Implikationen der Digitalisierung. Er mündete in ein Plädoyer für ein bedingungsloses Grundeinkommen von 1.500 Euro/Monat - finanziert über eine Finanztransaktionssteuer. Auch wenn wahrscheinlich viele der anwesenden Geschäftsführer nicht seiner Meinung sind, bekam Precht für seinen engagierten Vortrag langen Applaus. Precht diskutierte mit Geschäftsführern und Referenten auch noch beim musikalisch untermalten Apéro die zukünftigen gesellschaftlichen Folgen der Digitalisierung - ein „Philosoph zum Anfassen“ eben. 

Die DHBW-Konferenz war durch die hochkarätigen Referenten und die gute Balance zwischen Vorträgen und Kleingruppen-Workshops eine echte Bereicherung für mich als Unternehmerin“, resümierte stellvertretend für den Tenor unter den Konferenzbesuchern eine der Teilnehmerinnen, Judith Faller-Moog, Geschäftsführerin der Bioplanète. 

Auch für 2022 plant die DHBW Lörrach eine weitere, dritte Leadership Trends Konferenz.