Gezwitscherte Stimmungen für Finanzen

Studierende der DHBW analysieren Twitter und Co.

Der digitale Wandel beeinflusst heutzutage fast alle Geschäftsmodelle – angefangen von Bildungseinrichtungen, über das produzierende Gewerbe bis hin zum regionalen Finanzdienstleister. Neben dem anhaltenden Niedrigzinsumfeld und einem veränderten Kundenverhalten stellt die digitale Transformation eine wesentliche Herausforderung für Kreditinstitute, Versicherungsunternehmen und freie Finanzdienstleister dar.

An der DHBW Lörrach haben Studierende der Wirtschaftsinformatik und BWL-Finanzdienstleistungen im Rahmen eines studiengangübergreifenden und forschungsintegrierten Lehrprojekts verschiedene Digitalisierungsthemen bearbeitet. Die Ergebnisse haben sie vor Kurzem Vertretern Dualer Partnerunternehmen aus der Finanzbranche präsentiert.

Interdisziplinäre Kooperation

Prof. Dr. Jürgen Schenk, Leiter des Studiengangs BWL-Finanzdienstleistungen, zeigte sich erfreut über die gelungene Kooperation und die Ergebnisse der Projekte. „Eine interdisziplinäre Zusammenarbeit der beiden Studiengänge ist vor dem Hintergrund der Herausforderungen, die die digitale Transformation an unsere Branche stellt, nicht nur sinnvoll, sondern zwingend notwendig“, erklärte Schenk. Angeregt durch den konkreten Bedarf im Markt beschäftigten sich die Studierenden im sechsten Semester in gemeinsamen Vorlesungen und interdisziplinär gemischten Gruppen mit den Themen „Sentiment Analysis“ oder Stimmungsanalyse sowie Smartphone-Apps für das Kundenbeziehungs-Management (CRM). Christian Steinweg ist im Hauptberuf bei der international tätigen Unternehmensberatung Sopra Steria Consulting, einem Partnerunternehmen der DHBW Lörrach, tätig. Als externer Dozent unterrichtet er seit anderthalb Jahren an der Lörracher Hochschule und war einer der Betreuer bei den Digitalisierungs-Projekten. Im Rahmen seiner Vorlesung zeigten die Studierenden ein besonderes Interesse an den Themen FinTech, Multikanalmanagement im Finanzdienstleistungsumfeld sowie dem vertrieblichen Einsatz neuer Medien. Der 32-Jährige war daher sofort von der Kooperation der beiden Studiengänge BWL-Finanzdienstleistungen und Wirtschaftsinformatik begeistert: „Die interdisziplinäre Kooperation zwischen den beiden Studiengängen bereitet ideal auf den Praxisalltag vor. Projektteams werden oftmals abteilungsübergreifend zusammengestellt und müssen als Spezialisten ihres Faches versuchen, eine gemeinsame Sprache zu finden."

Stimmungsbild aus Twitter

Soziale Netzwerke wie Facebook oder Twitter ermöglichen als Plattform eine freie und weitestgehend ungefilterte Meinungsäußerung und stellen daher einen interessanten Untersuchungsgegenstand für positive und negative Meinungen dar. Das Ziel der sogenannten Sentiment-Analyse ist es, auf Grundlage der Tonalität von Beiträgen in sozialen Netzwerken, herauszufinden und bestenfalls messbar zu machen, was Nutzer „meinen“ und „fühlen“. Die Studierenden erarbeiteten im Rahmen des Projektes ein Stimmungsbild der Wahrnehmung von ausgewählten Kreditinstituten. Mit Hilfe von Big Data Technologien, also der Erhebung und Analyse von Massendaten, analysierten sie die Tweets genannten telegrammartigen Kurznachrichten im sozialen Netzwerk „Twitter“ bezüglich ihrer Stimmung. Die Analyse erfolgte einerseits wörterbuchbasiert, indem Tweets in Worte aufgespalten wurden, die jeweils einem positiven oder negativen Stimmungs-Wert zugeordnet wurden. Zum anderen wurde ein Machine-Learning-Algorithmus eingesetzt, bei dem Tweets als Ganzes hinsichtlich ihrer positiven oder negativen Stimmung vollautomatisiert klassifiziert werden können. Auf Basis tausender gesammelter Tweets wurden Stimmungsbilder für die Kreditinstitutsgruppen erstellt und die Ergebnisse beider Verfahren miteinander verglichen.

Prof. Dr. Klemens Schnattinger, der an der DHBW Computer Science lehrt und das Studienzentrum IT-Management & Informatik leitet, befasst sich im Rahmen eines von der Dr. K.H. Eberle Stiftung geförderten Forschungsvorhabens zur digitalen Transformation unter anderem auch mit Machine Learning. „Das Ziel des studentischen Projekts, zur Sentiment-Analyse einen Show Case zum Thema Big Data zu entwickeln, wurde hervorragend erreicht“, zieht Klemens Schnattinger ein positives Fazit. Die Dualen Partner ermunterte er, den digitalen Wandel als Chance für sich zu sehen und anhand der studentischen Projekte und Projektergebnisse zu prüfen, welcher Mehrwert für die Unternehmen durch Digitalisierung erzielt werden kann.

App mit Mehrwert

Für freie Finanzdienstleister ist ein hohes Maß an Flexibilität im Hinblick auf die Betreuung von Kunden wichtig. Eine Customer Relationship Management App für das Smartphone oder Tablet bietet einen echten Mehrwert für diese Zielgruppe, wenn eine Vielzahl mobiler Anwendungen in die App integriert werden kann. Neben der klassischen Kunden- und Vertragsverwaltung und Kundenkommunikation sollte eine analytische Kundenklassifizierung (Segmentierung) die Basis für eine zielgruppengerechte Kundenansprache unter Beachtung von Wirtschaftlichkeitsaspekten sein. Neben der konzeptionellen Ausarbeitung des inhaltlichen und programmtechnischen Umfangs der App wurden im Zuge des Projekts an der DHBW Lörrach auch erste sogenannte Show Cases entwickelt.

Die beteiligten Studierenden waren nicht nur von den thematischen Inhalten begeistert, sondern freuten sich auch über das interaktive Format der Projektarbeit, das bereits seit einigen Jahren im Studienzentrum erfolgreich praktiziert wird. Statt nur im Hörsaal traf man sich mit dem Dozenten und Projektauftraggeber regelmäßig auch in virtuellen Meetingräumen, um in ungezwungener Arbeitsatmosphäre Meilensteine und die nächsten Schritte zu besprechen. „Es ist vorbildlich, dass Studierende zweier Studiengänge gemeinsam ein innovatives Thema für unsere Dualen Partner bearbeiten. Insbesondere die Verknüpfung von IT-Themen mit fachlichen Aspekten einer Branche halte ich für zukunftsweisend. Wir haben den anwesenden Dualen Partner einmal mehr einen tollen Beweis für die innovative Qualität unseres dualen Studiums geliefert“, fasst Prof. Gerhard Jäger, Prorektor und Dekan Wirtschaft, zusammen.