Hochschule 4.0

Das „Internet der Dinge“ und Industrie 4.0 zählen zu den großen Zukunftsthemen. Mit der kürzlich zwischen der DHBW Lörrach und der Fraunhofer-Gesellschaft vereinbarten Zusammenarbeit beim Thema „Sensoren für Industrie 4.0“ stärkt die DHBW Lörrach ihr inhaltliches Profil im Bereich der kooperativen Forschung. Die Digitalisierung spiegelt sich aber nicht nur in den konkreten Inhalten von Lehre und Forschung wider, sondern verändert auch das Hochschul- und Wissenschaftssystem. Dies betrifft nicht nur die bestehenden Prozesse und Formate des Lehrens und Lernens, sondern auch die Art und Weise, wie sich Hochschulen darstellen und mit ihren Zielgruppen kommunizieren.

Prof. Dr. Sebastian Feichtmair, Studiengangsleiter BWL - International Business, besuchte im Juli den Gate-Germany-Marketing-Kongress in Bonn. Ziel war es, Kooperationen mit ausländischen Hochschulen zu intensivieren und anzubahnen sowie Tendenzen im internationalen Hochschulmarketing aufzuspüren. 


Professor Feichtmair, Sie waren vor kurzem auf dem internationalen Gate-Marketing-Kongress für Hochschulen. Um was ging es dabei?

Das war sozusagen ein internationaler Kontaktbörse-Kongress. Wir hatten die Möglichkeit mit rund 70 Vertretern des DAAD (Deutscher Akademischer Austausch Dienst) aus vielen Ländern zusammenzukommen und Kooperationsmöglichkeiten mit unseren Studiengängen zu erörtern. Darüber hinaus wollten wir wissen, was andere Hochschulen marketingtechnisch unternehmen, welche Trends sich zeigen und was wir tun können, um gerade auch mit unseren internationalen Studienprogrammen präsent zu sein. Konkret ging es uns darum, zu erfahren, wie vor allem internationale Austauschstudenten angesprochen werden sollten, um diese nach Lörrach an unsere DHBW zu bringen.

Was erwarten internationale Studenten denn konkret von der Lörracher DHBW?

Weil sie die Vielfalt und Attraktivität von Lörrach noch nicht kennen, muss man ihnen davon erzählen. Dasselbe gilt für die internationalen Studiengänge und was die potenziellen Studenten davon haben. Das Allerwichtigste dabei ist, dass sich Interessierte diese Informationen nicht suchen müssen, diese müssen sich sich schon beim ersten Besuch auf unserer Internetseite aufdrängen. Wir haben hier so viele Vorteile, von denen noch viel zu wenige wirklich wissen: eine boomende Industrie und den Schwarzwald, Basel und das Elsass vor der Tür, viele Freizeitmöglichkeiten und einen internationalen Flughafen. Dazu kommen fremdsprachliche Studiengänge für Studentinnen und Studenten aus aller Welt und eine optimale Studierumgebung, um welche uns viele Universitätsstädte beneiden würden. Darüber müssen wir mehr erzählen.

Das hört sich nach Marketing an. Ist das für Hochschulen nicht eher ein Unwort?

Ja, da haben Sie möglicherweise Recht. Viele Kollegen stehen dem „Anpreisen“ der eigenen Angebote und Fähigkeiten noch eher skeptisch gegenüber. Aber es sind nun einmal die jungen Menschen, die sich aufgrund von Informationen für einen Studienort entscheiden. Und diese Informationen müssen an den Mann, die Frau, gebracht werden. Das geschieht heutzutage praktisch ausschließlich über das Internet. Und da sind wir wieder bei dem Wort „Marketing“. Das Zauberwort heißt in diesem Zusammenhang übrigens Content Marketing. 

Was muss man sich darunter vorstellen?

Unter Content Marketing versteht man eine Marketing-Technik, mit der man die Zielgruppe direkt erreicht. Dabei benutzt man Stories, also Geschichten, die informieren, beraten und unterhalten sollen, um von der eigenen Hochschule und ihrem Leistungsangebot zu überzeugen. „Geschichten“ können dabei auf verschiedenen Wegen rübergebracht werden. Als Kurzfilme auf Youtube, als Postings über Social Media wie Facebook oder als so genannte Testimonials, wie man sie auch von Markenprodukten kennt. Wir sind da zwar schon viel besser als die auf dem Kongress gezeigten Negativbeispiele ganz bekannter Hochschulen. Wir könnten und sollten aber auch auf unserem Internetauftritt mehr Geschichten erzählen.

Gibt es auch andere Wege, wie man Studieninteressierte am ehesten erreicht?

Mund-zu-Mund Propaganda, also die persönlichen Empfehlungen von aktuellen und ehemaligen Studentinnen und Studenten der DHBW Lörrach, ist nach wie vor sehr wichtig. Und auch der Rat der Eltern ist wieder, das war vor Jahren noch ganz anders, für viele Schülerinnen und Schüler sehr gefragt bei ihrer Studienwahl. Grundsätzlich gilt aber für alle jungen Leute, egal ob aus Deutschland oder von außerhalb, das Internet als die Informationsquelle schlechthin. Aktuelle Studien zeigen, dass in dieser Zielgruppe 90 % darauf vertrauen, was Ihnen Gleichaltrige erzählen. Auch das erklärt den großen Erfolg von Social-Media-Plattformen wie Facebook, WhatsApp oder Twitter. Anzeigen in Zeitungen und Zeitschriften haben diesen Studien zufolge für die Zielgruppe Studieninteressierte schon fast ausgedient. Bei klassischen Anzeigen steht auch oft das konkrete Angebot im Vordergrund: die historische Entwicklung der Universität zum Beispiel oder was man alles studieren kann. Das sind meistens zu viele Detailinformationen und oftmals eben keine „Geschichte“ im Sinne eines Content Marketings. Aber genau das ist es, was zukünftige Studientinnen und Studenten vor allem interessiert. „Was wird aus mir, wenn ich zu Euch komme?“ Selbst Rankings sind nicht primär aussagefähig, weil viel zu komplex. Alles sollte anhand von kurzen Filmen, mit Bildern sowie durch ansprechende und dennoch informative Texte dargestellt werden. Langatmige Erklärungen und Textwüsten sind komplett out. Und auch irrelevant.

Aber was ist denn dann überhaupt noch relevant für die Suche nach dem geeigneten Studium?

Relevanz ist genau das richtige Stichwort: wichtig ist weniger, wie gut ich als Professor meine Hochschule finde. Relevant ist, was die zukünftige Studentin und der zukünftige Student darüber denken. Das hängt in hohem Maße davon ab, wie man an entsprechende Informationen kommt und wie diese aufbereitet sind. Das geht – wie schon gesagt – nur über Content und dieser wiederum vor allem über digitale Aufbereitung. Unübersichtliche Homepages von Unis halten Interessierte davon ab weiterzusuchen. Gerade diese Zielgruppe sollte sofort finden, was sie wissen will. Und zwar vor allem auf dem Smartphone oder dem Tablet mit wenigen „Wischern“ per Finger. Wenn das nicht zum Erfolg führt, dann kommen Studieninteressierte nicht wieder – weder virtuell, noch physisch. Nach dem Internet der Dinge, Industrie 4.0, so die Botschaft auf dem Kongress, folgt die Hochschule 4.0, die auch Vorlesungen und Wissen weltweit über das Internet bestens aufbereitet zur Verfügung stellt.

Bleibt denn dabei das Hochschulsystem mit seinem Präsenzstudium so erhalten wie es jetzt ist?

Das ist genau die Frage, die sich auf dem Kongress viele stellten. Ich persönlich glaube, dass guter Präsenzunterricht auch in Zukunft Studierende anzieht. Zu uns an die DHBW kommen junge Menschen auch aufgrund der Tatsache, dass die allermeisten Absolventinnen und Absolventen von ihren Ausbildungsunternehmen übernommen werden. Wir haben ein Konzept, das mit kleinen Kursgruppen eine vorbildliche individuelle Betreuung ebenso ermöglicht wie die Verbindung von Theorie und Praxis durch gleichberechtigte Ausbildung beim Partnerunternehmen. Auch dass unsere Studentinnen und Studenten ein monatliches Gehalt haben und sich voll aufs Studieren ohne einen abendlichen Nebenjob konzentrieren können, spricht für ein Studium an der DHBW Lörrach. Und natürlich haben wir einen der entscheidenden Trends konsequent umgesetzt: internationale Studienprogramme in Weltsprachen runden unser Angebot ab und sichern die Zukunftsfähigkeit unserer Studierenden. Bereits seit längerem kümmern wir uns in Lörrach intensiv um das Thema E-Learning. Digitalisierte Inhalte in Form von Webinaren, Blended Learning oder den sogenannten MOOCs werden auch bei uns wichtiger. Das wird uns helfen, auch in Zukunft beste Studierende und Dozierende anzuziehen. Denn eines ist klar: die Hochschule 4.0 kommt! Das hilft uns auch, Werbung für unsere Hochschule zu machen.