„Schuld sind die vielen Schulden“

LÖRRACH. Der Leiter des Studium Generale an der DHBW Lörrach, Prof. Dr. Sebastian Feichtmair, kündigte im übervollen Auditorium ein Highlight der diesjährigen Vortragsserie an: Dirk Müller, alias Mr. DAX, das Gesicht der Börse, häufiger Talkshowgast und begeisterungsfähiger Redner mit Unterhaltungswert. Sein Thema: „Showdown in Europa?“

Manchmal würde er falsch verstanden, so Müller gleich zu Beginn: „Ich bin für Europa, nicht so zentralisiert auf Brüssel, eher für ein Europa der Regionen.“ Anhand einer tiefgreifenden Analyse der Schuldenstände weltweit machte Müller die Entwicklung ungleichen Vermögenbesitzes deutlich. Für eine reelle Beurteilung der Zinszahllast müsse man allerdings die privaten Schulden zu denen von Staat und Kommunen addieren. Allein die USA kämen somit auf 18 Billionen Dollar Schulden. Selbst die Schweiz müsse dann in einem Atemzug mit Italien genannt werden und rangiere hinter Deutschland.

Zwar habe sich das Nettovermögen der privaten Haushalte in Deutschland in den vergangenen zwei Jahrzehnten mehr als verdoppelt – auf  weit über 10 Billionen Euro, aber: „Die reichsten zehn Prozent der Deutschen verfügen über mehr als die Hälfte des Gesamtvermögens. Der unteren Hälfte der Haushalte bleibt gerade mal ein Prozent.“, so Müller. Und auch der Staat werde immer ärmer. Dies wiederum würde die Schere zwischen Arm und Reich weiter öffnen. Der Mechanismus sei einfach: Zinsen zahlten letztlich nicht die Unternehmen, sondern die Konsumenten, denn in jedes Produkt seien die Zinsen für Kredite der Unternehmen bereits einkalkuliert. Mit Steuern verhielte es sich genauso. Diejenigen also, die ihr Geld gegen gute Zinsen arbeiten lassen, würden deshalb von solchen, die kein Vermögen haben, per Zinszahlung immer reicher gemacht. „Das ist eine gigantische Umverteilung von unten nach oben!“

Diese Ungleichheit sei auch in Europa bei Betrachtung einzelner Länder zu beobachten. Die Armen bezahlten die Reichen. Der Mechanismus, der ein besseres Gleichgewicht herstellen könne, sei der eines Euros unterschiedlicher Geschwindigkeiten. „Wir sollten den Euro behalten, aber  den Ländern ihre Lokalwährungen ermöglichen“, schlug Müller vor.  Damit könnten „die Länder wieder atmen“ und ihre Leistungsfähigkeit würde sich in den Wechselkursen ausdrücken.

Die Politiker wiederum befänden sich in einem Dilemma. Einerseits wüssten sie Bescheid, andererseits würde die Einführung von Lokalwährungen von den Bürgern wie die Auflösung Europas verstanden. Deshalb suchten sie Rat bei Experten: „ausgerechnet bei Bankern, die nur eines im Sinn haben. Maximierung der Schulden und Zinseinnahmen“.

Fünf Billionen Euro Spareinlagen gäbe es in Deutschland, die momentan wenig Zinsen bringen. Müllers Vorschlag ist so einfach wie einleuchtend. Dieses Geld sollte in Infrastrukturmaßahmen fließen, für die der Staat bürge. Das Geld wäre im Kreislauf, die Schulden geringer, die Banken weniger mächtig und das System immuner gegen unlautere Angriffe aus der Finanzwelt.

Zwei Stunden machte Müller Wirtschaft verständlich, man hätte eine Stecknadel fallen hören, so gespannt folgten die Besucher seinen Äußerungen.