Risiken in grenzüberschreitenden Lieferketten

CSCMP Roundtable Germany tagt an der DHBW Lörrach

Politische Veränderungen, Sanktionen, Exportkontrollen, Sicherheitsvorschriften und andere Einschränkungen des internationalen Handels sind im Tagesgeschäft für globale Supply Chain Manager eine große Herausforderung. Wie kann das Einhalten aller Vorschriften und Gesetze gewährleistet werden? Welche organisatorischen Strukturen und IT-Tools braucht es? Und was kostet es? Wie groß ist die Gefahr, bei Verstößen zur Rechenschaft gezogen zu werden? Diese Fragen diskutierten kürzlich die Mitglieder des CSCMP Roundtable im Rahmen einer Veranstaltung an der Dualen Hochschule Lörrach.

Ganzheitlicher Ansatz für Zoll und Compliance

Bereits bei der Planung von grenzüberschreitenden Lieferketten, so Marc Bernitt von KPMP Schweiz, sollten die zollrechtlichen Gegebenheiten im Detail geklärt werden. Andernfalls könne es sein, dass Zölle, Steuern und diverse andere Abgaben die geplante Marge auffressen würden. Wesentlich sei ein ganzheitlicher Ansatz für die Trade Compliance, bei dem die Konsequenzen von internationalen Lieferungen genau zu prüfen sind. Dabei geht es im Kern um die Fragen, „wer, was, an wen, wohin und wofür“ liefert. Erst nach Klärung dieser Fragen können die wirtschaftlichen und rechtlichen Folgen eingeschätzt werden.

Landed Cost sorgfältig kalkulieren

Die Landed Cost im Vorhinein richtig zu kalkulieren war dann auch die Botschaft von Thomas Kofler von Amber Road in der Schweiz. Angesichts der z. T. kurzfristigen Veränderungen des Sourcing insbesondere von Handelsunternehmen müssten Importeure wie Exporteure schnell die Landed Cost, Steuern, Zölle und sonstigen Abgaben kalkulieren können. Dies sei manuell kaum zu schaffen. Wie bequem dies zu erledigen sei, demonstrierte der Referent anhand eines Exportes nach Brasilien, ein Land das sich durch eine sehr komplexe Regulierung auszeichnet.

Umfassendes Compliance Management

Die Forderung nach einem umfassenden Compliance Management wurde von Prof. Dr. Schwolgin, Studiengangsleiter BWL-Spedition, Transport und Logistik an der DHBW Lörrach unterstrichen. Auch mittelständische Unternehmen kämen nicht daran vorbei, ein System zur Einhaltung von Gesetzen, Verordnungen, Erlassen, Richtlinien sowie der vertraglichen und freiwilligen Verpflichtungen, die das Unternehmen eingegangen ist, zu etablieren. Dieses müsse rechtsgebiets-, bereichs- und personalübergreifend angelegt sein. Es müsse zudem rechtsformen- und konzernübergreifend in allen Ländern, in denen das Unternehmen tätig ist, Anwendung finden. Um die wirtschaftlichen Risiken besser zu managen, rief er die Unternehmen dazu auf, von den Möglichkeiten der Absicherung gegen Währungs- und Zinsrisiken sowie Risiken aus Rohstoffpreis- und Frachtpreisrisiken aktiver Gebrauch zu machen. Dazu könne auch auf Derivate zurückgegriffen werden, wobei er den Unternehmen empfahl, diese nur zur Absicherung zur nutzen und die Rolle der Spekulanten, die das System zwingend  benötigt, anderen zu überlassen.

Interkulturelle Unterschiede

Die Einhaltung von Vorschriften im internationalen Warenverkehr setzt zum Teil erhebliches technisches Wissen voraus. Neben dem rechtlichen Knowhow seien auch entsprechende technische Kentnisse erforderlich, unterstrich Dieter Wintergerst von der ABB Switzerland. Allein das Thema „dual use“ bereite beim Export oft Kopfschmerzen, da der Verwendungszweck (das „wofür“) nicht immer wirklich klar sei. Selbst wenn „die fünf W-Fragen“ geklärt seien, gäbe es aus Sicht des Spediteurs noch viele offene Fragen aus zollrechtlicher Sicht, machten Michael Fischer, Zentraler Zoll- und Compliancebeauftragter der Emons Spedition aus Köln und sein schweizerische Kollege Josef Murer deutlich. Im Rahmen dieses Schlussreferates wurde sehr lebhaft darüber diskutiert, warum im Gegensatz zu Deutschland nur wenige schweizerische Unternehmen als AEO (Authorized Economic Operator) zertifiziert seien. Allein interkulturelle Unterschiede könnten dies nach Ansicht von Prof. Schwolgin nicht erklären, zumal bei der Zulassung als bekannter Versender neuen Typs die Zahlenverhältnisse genau andersherum lägen. In der Schweiz ist das Thema praktisch abgehakt, während in Deutschland noch ein Rückstand besteht.