Geflüchtete studieren dual

DHBW Lörrach bietet ab Oktober duales Kontaktstudium für Geflüchtete

„Die jungen Menschen wollen Integration. Sie sind hochmotiviert und möchten in unserer Gesellschaft ankommen“, fasst Prof. Dr. Heike Walterscheid ihre bisherigen Erfahrungen mit Flüchtlingen in der Region zusammen. Die Professorin für Volkswirtschaftslehre an der DHBW Lörrach ist eine der Initiatorinnen des Kontaktstudiums Bachelor, das die Lörracher Hochschule ab Oktober für Geflüchtete anbietet.

Das Ziel des Kontaktstudiums ist die Herstellung der Studierfähigkeit von Geflüchteten für ein Studium in Deutschland und insbesondere für ein duales Bachelorstudium an der DHBW Lörrach. Zielgruppe des Programms sind Geflüchtete mit potentieller Studierfähigkeit und Bleibeperspektive in Deutschland sowie idealerweise Sprachkenntnissen in Englisch oder Französisch als Brücke zum Erwerb der deutschen Sprache. 

Insbesondere für die „duale Studierfähigkeit“ ist nicht nur eine fachliche und kulturelle Annäherung erforderlich, sondern auch die Herstellung der Anschlussfähigkeit an die Anforderungen der Unternehmensrealität im Dreiländereck. Das Konzept des Lörracher Kontaktstudiums Bachelor beinhaltet demnach folgerichtig auch eine Dualität aus Theorie- und Praxisphase. Der dreimonatige Theorieblock beginnt im Oktober. Neben dem Schwerpunkt der Sprachausbildung wird ein Propädeutikum angeboten, das verpflichtende Elemente in Wirtschafts- und Gesellschaftslehre und Mathematik sowie Wahlelemente in den Bereichen Technik, Informatik und Naturwissenschaften enthält.

Das Lern- und Lehrprogramm wird durch ein Tandemmodell begleitet, bei dem jeder Geflüchtete im Kontaktstudium für die Theoriephase einen Paten-Kurs der DHBW mit 30 Studierenden bekommt. Mit diesem Tandemmodell soll die Entwicklung der Sprachkompetenz sowie die fachliche und gesellschaftliche Integration der Studierenden beschleunigt werden.

Unterstützer gesucht

Zudem bemüht sich die DHBW Lörrach um Mentoren, die die Kontaktstudierenden während Ihres Studiums ideell und materiell unterstützen – sowohl in Alltagsfragen als auch Bildungsfragen. Zwar werden Vorlesungen, Sprachunterricht und Propädeutika kostenlos angeboten, aber Begleitkosten durch Lernmaterialien oder Karten für die öffentlichen Verkehrsmittel sind oft noch nicht gedeckt. Auch fehlen häufig die sozialen Kontakte außerhalb der jeweiligen Unterkünfte.

Auch im Kreis der Unternehmen bemüht sich die DHBW um Unterstützung in Form von Praktikumsplätzen, denn analog zum klassischen dualen Studium an der DHBW schließt sich auch im Kontaktstudium an die dreimonatige Theoriephase eine Praxisphase an. Ausreichende Sprachkenntnisse vorausgesetzt, werden die Teilnehmer als Praktikanten in einem bestehenden oder zukünftigem dualen Partnerunternehmen der DHBW in die Arbeitsabläufe eingebunden. „Damit erhoffen wir uns eine schnelle Integration in den Arbeitsmarkt, verbunden mit der Fortsetzung der Integration durch die Aufnahme eines Studiums – idealerweise an der DHBW“, so Prof. Dr. Jan Olaf und Prof. Dr. Klemens Schnattinger, die an der DHBW das Studienzentrum IT-Management & Informatik leiten und das Kontaktstudium mitinitiiert haben.

Die Anrechenbarkeit von ECTS-Punkte durch Teilnahme an Klausuren kann im Dualen Studium gewährt werden. Während der gesamten Zeit des Kontaktstudiums besitzen die Teilnehmer den Status als Gaststudierende der DHBW Lörrach, so dass Sozialleistungen nicht gefährdet sind.

Einer der ersten, der sich für das Kontaktstudium an der DHBW Lörrach interessierte, ist Taiseer Mohammed, der aus dem syrischen Aleppo geflüchtet ist. Der 22-Jährige hat in seiner Heimat bereits ein Elektrotechnik-Studium begonnen und möchte nun auch in Deutschland studieren. Innerhalb weniger Monate hat er Deutsch gelernt, versteht bereits sehr viel und spricht sogar schon ein wenig Alemannisch. Geholfen hat ihm dabei auch die ehrenamtliche Betreuung von Heidi Jakob-Frey aus Haltingen, die den jungen Syrer unterstützt und ihm engen Familienanschluss bietet. „Wie viele andere Geflüchtete ist Taiseer offen, herzlich und neugierig. Es ist wichtig, dass wir ihnen eine Perspektive bieten“, fasst Heidi Jakob-Frey die Beweggründe für ihr Engagement zusammen. Die Praxisphase wird Taiseer Mohammed bei Iontis, einem Partnerunternehmen der DHBW in Efringen-Kirchen absolvieren. Philipp Ludwig, der bei Iontis für die Kundenbetreuung und Anwendungstechnik zuständig ist, freut sich bereits auf die neue Unterstützung durch Taiseer Mohammed.

Nach den ersten Beratungsgesprächen mit Interessierten ziehen die Initiatoren bereits jetzt ein positives Fazit: „Alle Bewerberinnen und Bewerber sind aufgeschlossene junge Menschen mit einem deutlichen Integrationswillen und froh, nach zum Teil langer Zeit des Wartens gefordert und gefördert zu werden. Sie sind sich über den Wert der Bildung bewusst und freuen sich auf den Beginn des Kontaktstudiums“, so Heike Walterscheid.

Das Team des Kontaktstudiums an der DHBW freut sich über jede Spende, die über den Freundeskreis der Dualen Hochschule direkt den jungen Geflüchteten im Kontaktstudium zugutekommen. Weitere Informationen zum Kontaktstudium und zu Fördermöglichkeiten gibt es <link internal-link internal link in current>hier.